Wie einen Hund beschäftigen, für den es in unserer Gesellschaft eigentlich keine sinnvollen und artgerechten Aufgaben mehr gibt?

Was (...) mit den großen schweren Hunden tun, die nicht geeignet sind, ihre Körpermasse über Hürden und Steilwände zu wuchten, sich durch enge Slalomstangen zu zwängen, oder sich nicht zur Schutzhundeausbildung oder Jagd eignen? (¹)

Die ersten Erfahrungen mit dem Zughundetraining konnten wir im November '05, während eines Zughundeworkshops auf dem Mühlbachhof, sammeln. Für die Teilnahme an diesem Workshop hatten wir uns entschieden, da es bei uns im Odenwald reichlich Wald- und Feldwege gibt, die sich zum Spazieren, Wandern und, wie sich später gezeigt hat, 'Ziehen' eignen. Was dafür aber bei uns fast völlig fehlt sind Gewässer, in denen ein Hund von der Größe eines Landseer schwimmen kann (oder darf), womit beispielsweise eine regelmäßige Wasserarbeit - schließlich steht der Landseer gemeinsam mit dem Neufundländer im Ruf der Wasserarbeitshund schlechthin zu sein - nur schwer realisierbar ist. Die Frage war also, um bei den etwas klischeehaften Vorstellungen zu bleiben, ob sich ein Landseer auch in einem Bereich bewährt, der eher als Domäne der Sennenhunde gilt. An dieser Stelle sei - schon allein einer gewissen Political Correctness wegen ;-) - angemerkt, dass Landseer und Neufundländer, wie alle anderen großen Rassen auch,  selbstverständlich als Zughunde trainiert werden können, sowie ich auch schon Berner erlebt habe, die eine hervorragende Wasserarbeit machten.

Der Workshop im Novemder '05 wurde von einem Schlittenhundsportler geleitet, der mit seinen Alasken und European Huskies erfolgreich Schlittenhundrennen fährt. Auch wenn der Schlittenhundsport sicherlich eine grundlegend andere Zielsetzung hat, so wurden in diesem Workshop doch die Grundlagen vermittelt, die wir benötigten, um mit unseren Hunden ein Zughundetraining aufbauen zu können. Auch haben wir von diesem Workshop so viel Motivation mitgenommen, dass wir uns seitdem regelmäßig einmal im Monat als Gruppe zu einem gemeinsamen Training treffen (²). Vor ungefähr zwei Jahren haben wir das Training selbst übernommen. Mit wachsender Erfahrung konnten wir über den gesamten Zeitraum unsere Methoden und Ausrüstung verfeinern und mehr und mehr an unsere Hunde anpassen. Dieser Prozess ist sicherlich noch immer nicht abgeschlossen.

 

Wie & Was wir trainieren:
Um die Frage nach dem 'Wie' zu beantworten, vielleicht folgendes: Als ich an dieser Seite arbeitete, wollte ich sie zunächst mit "Zughundearbeit" überschreiben. Da ich aber des öfteren erleben durfte, dass auf Hundeplätzen nach dem Motto "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" - was impliziert, dass die 'Arbeit' kein Vergnügen sein soll oder darf - 'gearbeitet' wird, hege ich eine gewisse Abneigung gegen den Begriff 'Arbeit' in Verbindung mit der Ausbildung und dem Training von Hunden.
Auch der Begriff 'Zughundesport' trifft nicht den Kern speziell meiner Bemühungen, denn dabei steht weniger das olympische Motto "Schneller, höher, weiter", im Vordergrund, sondern die Trainings sollen Mensch und Hund Freude machen und Erfolgserlebnisse vermitteln. Dies für den Hund dadurch, dass er für das, was er geleistet hat, auch Anerkennung bekommt.

Das 'Was' lässt sich leicht beantworten, denn es gibt es beim Zughundetraining grundsätzlich zwei mögliche Ausrichtungen mit dem Hund zu trainieren:
Beim Befahren von Parcours muss der Hund eine Strecke mit verschiedenen Hindernissen bewältigen und/oder sehr exakt ziehen (vgl. Prüfungsordnung für Zughunde des ÖKV). Dies ist die Disziplin, die am Anfang des Trainings im Vordergrund steht. Beim freien Fahren, beispielsweise mit einem Sacco-Cart, kommt es hingegen mehr auf Kraft und Ausdauer des Hundes an, weswegen dies auch nur mit gut trainierten, ausgewachsenen und gesunden Hunden gemacht werden sollte.

Unsere Trainingsmethode:
Wir setzen im Rahmen unseres Zughundetrainings zur Zeit ausschließlich Zugstangen und die dazugehörigen Geschirre ein, wie sie in Verbindung mit dem Sacco-Cart verwendet werden. Das Sacco-Cart (s. Fotos) ist ein aus Norwegen stammender Wagen, der von ein oder zwei Hunden gezogen werden kann und auf dem eine, unter Umständen auch zwei, Personen mitfahren können. Diese Zugstangen haben den Vorteil, dass sie sehr leicht sind und der Hund auch ohne angehängten Wagen an Zugstange und Geschirr gewöhnt werden kann. Dadurch können die Hunde unbelastet durch das Gewicht und den Widerstand des Wagens behutsam an das 'Ziehen' herangeführt werden und beispielsweise auch die Kommandos "rechts", "links", "stop" und "zieh" erlernen.
Die ausschließliche Benutzung dieser Zugstangen und Geschirre bietet darüber hinaus aber auch den Vorteil der Kompatibilität der Ausrüstung innerhalb der Trainingsgruppe, d.h. eine einmal angeschaffte Zugstange und das dazugehörige Geschirr kann auch mit anderen Wagen eingesetzt werden.

Welche Hunde können am Training teilnehmen?
Grundsätzlich können alle Hunde, die eine gewisse Größe haben, teilnehmen. Als Richtwert gilt hier eine Widerristhöhe von ca. 50 cm. Da es grundsätzlich günstiger ist, wenn die Ausbildung eines Hundes schon frühzeitig begonnen wird, können am Training selbst auch schon Junghunde teilnehmen. Selbstverständlich muss darauf geachtet werden, die  Belastung von jüngeren Hunden immer deren Entwicklungsstand anzupassen. Da unsere Trainingseinheiten nicht darauf ausgerichtet sind, einen Hund physisch zu fordern, können auch Hunde mit Gelenkerkrankungen mit uns trainieren. Eine Hundehalterin mit ihrem jungen Rüde ist zu unserer Gruppe gestoßen, da nach einer Hüftoperation dem Rüden vom Tierarzt ausdrücklich das "Ziehen" zum Muskelaufbau empfohlen wurde. Obwohl die physische Belastung durch unser Training eher gering ist, dauern die einzelnen Trainingsblöcke doch nur wenige Minuten, da der Hund durch die ihm abverlangte Konzentration stark ermüdet wird. Dies gilt insbesondere für Hunde, die bislang keine oder wenig Erfahrung mit dieser Form der Ausbildung haben.

 

² Trainingstermine der Zughundegruppe Berg/Ts.:

Jeder dritter Samstag im Monat auf dem Mühlbachhof / s. LiW-Trainingsrguppen

 

Links zum Thema Zughunde:

•  Zughunde.de - Eine Homepage mit Informationen über das Wagenziehen und vieles mehr zum Thema Hund & Arbeiten mit Hunden!
•  Zughund.de - Informationen zum Zughundesport und zu Trainingsgruppen des Schweizer Sennenhund-Verein für Deutschland e.V.(SSV)
•  Zughunde-Weiden.de - Homepage des Weidener Zug- und Begleithundevereins.
•  ¹ "Zughunde in Deutschland - und es werden immer mehr!" (.pdf-Format) aus Sonderausgabe „Partner Hund“ – Hundesport im Mai 2005
•  Prüfungsordnung für Zughunde (.pdf-Format) des Österreichischer Kynologenverband, ÖKV.

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